Spezialgebiet

Die Bewertung von Autohäusern

Wie beeinflussen aktuelle Entwicklungen bei der Mobilität das Geschäftsmodell "Autohandel"? Und was bedeutet das für die Bewertung von Autohäusern durch den Immobiliensachverständigen?

Autohäuser sind eine besondere Assetklasse für die Wertermittlung

Die Automobilbranche steht derzeit vor vielen Veränderungen und Herausforderungen, die sich auf die Zukunft auswirken werden. Beispielsweise haben sich die Vertriebskonzepte der Automobilhersteller (OEM) in den letzten Jahren deutlich verändert, und es ist zu erwarten, dass dieser Trend in Zukunft anhalten wird. Ein wichtiger Faktor für die Veränderungen im Vertriebskonzept ist u. a. die Digitalisierung, die den Kunden neue Möglichkeiten bietet, Fahrzeuge zu suchen, zu konfigurieren und zu kaufen. Aber auch andere, ebenfalls tiefgehende Entwicklungen sind bestimmend:

  • Elektrifizierung: Immer mehr Hersteller bauen die Produktion von Elektroautos konsequent aus. Autohäuser müssen sich weiter auf die Vermarktung von Elektrofahrzeugen konzentrieren, die aufgrund der unterschiedlichen Technologie ein perspektivisch anderes und vermutlich wesentlich geringeres Servicegeschäft nach sich ziehen.
  • Sharing Economy: Die wachsende Beliebtheit von Carsharing-Diensten und Mobilitätsangeboten als Service (MaaS) könnte dazu führen, dass weniger Menschen Autos kaufen und stattdessen auf alternative Mobilitätslösungen setzen. Autohäuser könnten hier möglicherweise neue Geschäftsmöglichkeiten finden, indem sie mit Carsharing-Diensten und MaaS-Anbietern zusammenarbeiten oder ihre eigenen Angebote in diesem Bereich entwickeln.
  • Autonomes Fahren: Eine weitere Veränderung, die die Automobilbranche erfasst, ist das autonome Fahren. Alle OEMs und viele Technologieunternehmen arbeiten an selbstfahrenden Fahrzeugen. Autonomes Fahren hat das Potenzial, die Art und Weise zu verändern, wie wir uns fortbewegen und den Verkehr organisieren. Wenn autonome Fahrzeuge sicherer sind und weniger Unfälle verursachen, könnte dies zu einem Rückgang der Nachfrage nach Wartung und Reparatur führen.
  • Personal: Wie viele andere Wirtschaftsbereiche ist auch die Autohausbranche stark vom Fachkräftemangel betroffen. Es ist schwierig, qualifizierte Mitarbeiter für den Verkauf, die Wartung und Reparatur von Fahrzeugen zu finden. Autohändler müssen daher in die Ausbildung und Weiterbildung ihrer Mitarbeiter investieren, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten.
  • Kundenerlebnis: Kunden erwarten ein positives und personalisiertes Erlebnis bei ihrem Autohändler. Autohändler müssen in der Lage sein, ein erstklassiges Kundenerlebnis zu bieten, das über den reinen Verkauf von Fahrzeugen hinausgeht. Das beinhaltet unter anderem Beratung, Service und After-Sales-Unterstützung.

Diese Trends und Entwicklungen stellen die Autohausbranche vor Herausforderungen, bieten aber auch Chancen für Autohändler, die sich darauf einstellen und innovativ sind.

Das tiefgreifende Verständnis des Geschäftsmodells Autohaus ist für den Gutachter unerlässlich

In den letzten Jahren hat es in der Autohausbranche eine zunehmende Konzentration gegeben, insbesondere durch Fusionen und Übernahmen von Autohausgruppen und -ketten. In Deutschland, einem der größten Automärkte Europas, gibt es viele kleine und mittelständische Autohändler, die in der Regel nur eine oder wenige Marken anbieten. In den letzten Jahren haben jedoch auch große Autohausgruppen expandiert und durch Übernahmen und Fusionen ihre Marktpräsenz gestärkt.

Die Konzentration hat auch dazu geführt, dass einige Hersteller ihre eigenen Handelsnetze reduzieren und sich auf strategische Partnerschaften mit ausgewählten Händlern konzentrieren, um ihre Marktposition zu stärken.

Auch der Trend zum Online-Verkauf von Fahrzeugen hat die Konzentration in der Branche weiter verstärkt. Größere Autohausgruppen können hier aufgrund ihrer Größe und Ressourcen besser aufgestellt sein, um Online-Marketing- und Verkaufsstrategien umzusetzen.

Insgesamt wird erwartet, dass sich dieser Trend zur Konzentration in der Autohausbranche in den nächsten Jahren fortsetzen wird, da größere Unternehmen weiterhin nach Möglichkeiten suchen, ihre Marktpräsenz zu stärken und die Herausforderungen der sich ändernden Automobilbranche zu meistern. Darüber hinaus können Fusionen und Übernahmen auch zu einer Veränderung der Immobilienstruktur von Autohäusern führen. Bei einem Autohaus mit mehreren Marken muss beispielsweise die Gebäudearchitektur so gestaltet werden, dass die verschiedenen Marken klar voneinander abgegrenzt werden können. Jede Marke sollte i. d. R. eine eigene Verkaufsfläche haben, um Kunden und Interessenten zu empfangen. Eine getrennte Werkstatt für jede Marke ist ebenfalls von Vorteil.

Der Wertfindung eines Autohauses kann man sich mit unterschiedlichen Ansätzen nähren

Für steuerliche oder bilanzielle Zwecke wird üblicherweise der Verkehrswert (Marktwert) eines Autohauses gem. § 194 BauGB festgestellt, der mit Hilfe des Ertragswertverfahrens auf Basis von Mietansätzen bezogen auf die Miet- bzw. Nutzfläche oder eines auf die Miete entfallenden Anteils vom Gesamtumsatz ermittelt wird.

Im Rahmen von Unternehmensverkäufen ist es ebenfalls üblich, den Wert der Liegenschaft unter der Prämisse der Unternehmensfortführung (Going Concern Value), zu erstellen. Dieser ist für den Fall zu verstehen, dass ein etabliertes, operatives Geschäft mit einer unbestimmten Nutzungsdauer insgesamt verkauft wird. Diese Wertdefinition ist in der deutschen Bewertungspraxis nicht normiert. Methodisch wird unterstellt, dass ein Käufer, der das Unternehmen fortführen möchte, die Kosten zugrunde legt, die entstehen würden, wenn er sich in vergleichbarer Lage, vergleichbare Grundstücke und Gebäude beschaffen müsste. Dies entspricht dem Sachwert, der für die Geschäftstätigkeit eingesetzten Liegenschaften gem. § 35 ImmoWertV und ist in diesem Fall nicht mit dem Verkehrswert gem. § 194 BauGB vergleichbar.

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